Arbeitszeitgedenktag

Es gibt den Steuerzahlergendenktag, eine interessante Erfindung des mir ansonsten sehr suspekten Bundes der Steuerzahler: Bis zu einem bestimmten Tag im Jahr (meist Anfang Juni) arbeiten alle für den Staat, danach erst beginnt die Arbeit für das eigene Portemonnaie. (Dabei wird IMHO immer polemisch außer Acht gelassen, dass der Staat ja nicht egoistisch handelt, sondern zahlreiche Einrichtungen unterhält, von denen die Steuerzahler direkt und in hohem Maße profitieren - Schulen zum Beispiel).
Anyway, vor kurzem war mein mein persönlicher Netto-Tag, von dem mein Arbeitszeit-Abrechnungs-Spreadsheet mir kündete:

1804 Zeitstunden sind vollbracht (gerechnet von August bis August) - ab jetzt mache ich Überstunden.

Zum Hintergrund ein Zitat aus einer offiziellen Verlautbarung des Kultusministeriums:
Jahresarbeitszeit
[...]. Bei einer für alle Beamtinnen und Beamte geltenden wöchentlichen
Arbeitszeit von 41 Stunden ergibt sich unter Berücksichtigung von Urlaub (6 Wochen) und Feiertagen eine Jahresarbeitszeit von 1804 Zeitstunden. Diese Jahresarbeitszeit einer Lehrerin oder eines Lehrers von 1804 Zeitstunden ist Basis aller zu erledigenden Aufgaben. [...]
(Quelle:
Landtag BW)

Vermutlich liege ich damit im Schnitt des Lehrerkollegiums, ist meine Schätzung. Ich kenne einige Lehrer, bei denen dieser Stichtag sicher deutlich früher im Jahr erreicht wurde. Es gibt natürlich auch solche Kollegen, bei denen ich vermute, dass ihr fiktiver Stichtag für dieses Jahr im nächsten Schuljahr läge. Winking
Ich jedenfalls zähle seit etwa drei Jahren meine Arbeitszeit und komme immer auf ca. 110% - das finde ich in einem Akademikerberuf mit halbwegs vernünftiger Bezahlung und sicherem Arbeitsplatz ok, auch wenn sicherlich schon die Grundbelastung mit 41 Wochenstunden recht hoch ist.
Die Streuung im Lehrerberuf ist relativ groß, in NRW kam man angeblich mal auf eine Bandbreite von 1200 bis 2400 Jahresstunden. Aber dennoch ist das 1804-Stunden-Modell eigentlich eine gute Sache. Man sollte es nur noch stärker kommunizieren, denn das alte Vorurteil mit den 12 Wochen Ferien hält sich hartnäckig.
Übrigens, ceterum censeo: Ich halte dennoch eine Senkung des Wochendeputats (und des Klassenteilers) für unbedingt notwendig! Wir sollten nicht 25, sondern wieder 23 Unterrichtsstunden pro Woche haben - nicht damit wir weniger arbeiten müssen, sondern damit wir unsere Arbeit besser machen können. Das bedeutet nämlich weniger Klassen und weniger Schüler, auf die man dann seine Arbeitszeit und -Energie konzentrieren kann.